Biber Grundlagen
Biber bevölkern und prägen seit 15 Millionen Jahren unsere Landschaften und Ökosysteme. Nachdem Menschen sie Mitte des 19. Jahrhunderts in Österreich ausrotteten, wurden Ende der 1970er Jahre im Nationalpark Donauauen und am Inn wieder einige Tiere angesiedelt – ebenso wie in einer Vielzahl an anderen Ländern, deren Populationen seitdem wieder zusammenwachsen und ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet wiederbesiedeln. Biber sind enorm anpassungsfähig und nutzen auch urbane Räume – so finden sich diese territorialen Familientiere auch in Städten wie Wien oder Linz zurecht und besiedeln verschiedenste Lebensräume, von beengten urbanen Bächen über die Au bis zu mehrere Kilometer umfassende Reviere an der Donau. In Biberburgen oder Höhlen (immer mit Unterwasser-Eingang) leben nicht nur die (meist monogamen) Eltern mit 2-3 im Frühjahr geborenen Jungen, sondern auch deren ältere Geschwister, die sich ebenso um die Kleinen kümmern. Erst nach 2-3 Jahren wandern junge Erwachsene auf der Suche nach einem eigenen Revier und einer Partner*in ab – Biberpopulationen sind selbstregulierend und wird der begrenzte (von Wasser abhängige) Lebensraum knapp, geht auch die Reproduktionsrate zurück. Die zweitgrößten Nagetiere der Erde sind perfekt an ihr semiaquatisches Leben in und am Wasser angepasst und vor allem für ihre Bautätigkeit und das Fällen von Bäumen bekannt. Letzteres tun sie allerdings primär nur im Herbst und Winter, um die nährstoffreiche Schicht unter der Rinde (das Kambium) zu essen und den Rest als Baumaterial zu verwenden – im Sommer ernähren sich die Vegetarier vor allem von Gräsern, Kräutern oder Früchten. Im Notfall können sie mehr als 15 Minuten tauchen und ein 6 Monate altes Junges überquert die Linzer Donau in 3 Minuten ohne weit abzudriften – an Land allerdings sind sie alles andere als flink und wagen sich selten mehr als 10-20 Meter aus dem Wasser. 

Kleinere, zu seichte Gewässer stauen Biber gerne auf und bauen oft unscheinbare, aber auch beeindruckend große Dämme, um den Wasserstand zu regulieren (um die Eingänge ihrer Behausung unter Wasser zu halten und schwimmend oder tauchend ihre Plätze des täglichen Lebens zu erreichen). Diese sorgen nicht nur für enormen Wasserrückhalt und helfen so gegen Dürre, schaffen Retentionsraum und dämpfen Hochwasserwellen ab, sondern halten auch Schadstoffe zurück oder können Gewässer sogar kühlen – ebenso schaffen die Bautätigkeiten von Bibern (neben Burgen & Dämmen auch Kanäle) vielfältigen Lebensraum für andere, oft seltene Arten: Insekten, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und andere Säugetiere profitieren von den kleinstrukturierten Oasen. 
Auch in beengten, urbanen Nischen wie dem Urfahraner Sammelgerinne in Linz sind ihre enormen Auswirkungen auf Biodiversität ersichtlich: Gänsesäger, Würfelnattern, Elritzen, Blauflügel-Prachtlibellen, Esparsetten-Widderchen, Gelbspötter, Schwanzmeisen, Eisvögel und Hermeline tummeln sich zwischen Autobahn und Hochwasserdamm. Die Wasserbau-Tätigkeiten von Bibern und ihre Rolle als Schlüsselspezies wird in einer Vielzahl an Ländern seit Jahrzehnten umfassend erforscht und ihre erstaunlichen Fähigkeiten beispielsweise auch imitiert (z.B. in Form von Beaver Dam Analogs, also Biberdammimitaten). So singen im schon länger von Dürren geplagten Westen der USA gar viele Farmer*innen Loblieder auf die tierischen Wasserbau-Experten – wie schon lange zuvor die indigene Bevölkerung mancherorts Biber sogar mit prominenten Rollen in Schöpfungsmythen versah.

Nach mehr als 100 Jahren Abwesenheit fehlt den meisten Menschen in Mitteleuropa seit Generationen Bezug zu den Tieren sowie jegliche Vorstellung davon, wie natürliche, resiliente Gewässerökosysteme aussehen würden bzw. Millionen von Jahren überall bei uns ausgesehen haben. Die strukturreichen Oasen der Biodiversität, überwuchert, undurchdringlich, unbewirtschaftbar, moorig, mit liegendem und stehendem Totholz, Höhlen, Ab- und Einbrüchen, ausufernden Überlaufkanälen, sumpfigen Wiesen und überfluteten Wegen stellen für im Kapitalozän sozialisierte Menschen oft schon ästhetisch eine Herausforderung dar – so dominieren Mythen und Falschinformationen entgegen aller wissenschaftlichen Erkenntnisse die Debatten hierzulande, vielerorts werden Biberdämme illegal zerstört (meist sehr kontraproduktiv: Die Tiere brauchen nur umso mehr Baumaterial) und Biber nicht selten auch illegal getötet. Wie auch jahrzehntelang erprobte Konfliktpräventionsmaßnahmen (wie das Eindrahten von Bäumen, Flow Devices für zu hohe Dämme oder ein Grabschutz für einen Hochwasserdamm) oft ignoriert werden. Angesichts der sich rapide verschärfenden Klimakrise, dem Artensterben und immer mehr Extremwetterereignissen ist es allerorts vonnöten, funktionierenden Ökosystemen und insbesondere Gewässern und ihren Bewohner*innen wieder mehr Raum zuzugestehen, sowie Wildtiere in Architektur und Landschaftsgestaltung miteinzubeziehen – insbesondere auch im städtischen Raum und in Kulturlandschaften werden davon Tiere wie Menschen langfristig auf vielerlei Ebenen profitieren. Wie auch intakte Ökosysteme, Begegnungen oder auch persönliche Beziehungen zu Wildtieren in Naherholungsgebieten bereichernd für viele Menschen sein können und seit den ersten Höhlenmalereien Nährboden für vielfältige künstlerische Auseinandersetzungen bilden.